Windy Wellington

Der Osterhase kam mit einem sehr grossen und nassen Geschenk nach Neuseeland. Am Donnerstag im Laufe des Abends ist der Zyklon Cook vom Norden bis ganz hinab auf die Südinsel gewandert und hat überall seine Spuren hinterlassen. Laut Medien und meinem Gastvater hatten sie das letzte mal so einen schlimmen Sturm in 1968. Leider oder eben auch zum Glück konnten wir nicht viel sehen von ihm, da es zum einen schon dunkel war, als er neben uns vorbei zog und wir irgendwann im Laufe des Abends keinen Storm mehr hatten, dafür konnten wir ihn hören… Unglaublich viel Regen und Wind bis zu 100 km/h.

Wir konnten den Zyklon genauestens verfolgen. An der Ostküste, an der auch Hawkes Bay liegt, sind nach und nach die Lichter ausgegangen und irgendwann waren dann wir dran. Und dann hiess es im dunkeln hocken, weg von den Fenstern bleiben und gebannt dem Tosen und Rauschen des Sturms lauschen.

An anderen Orten, wo das Auge des Sturms vorüberfegte ist, hat man nur noch Dächer fliegen sehen, Flüsse sind übergetreten und haben so einiges mitgerissen, was ich am nächsten Tag live sehen konnte…

Meine Gasteltern sind erstaunlich ruhig geblieben, man kann auch nicht viel dagegen machen, falls er uns getroffen hätte. Murray hat auf jeden Fall im Keller ein riesiges Notlager, mit Gummiboot, Campingausrüstung usw. Er ist für alle Fälle gewappnet…

Für einige Zeit wussten wir nicht, ob wir die Reise nach Wellington antreten konnten, da eventuell Strassen überschwemmt sein könnten, aber schon am nächsten Tag schien die Sonne. Again a beautiful Day in the Bay!

Mit dem Bus ging es dann um 8:00 Uhr los und 5 1/2 Stunden später standen wir völlig kaputt und unterkühlt am Bahnhof. Wenn die Kiwis eines lieben, dann ihren Air Conditioner. Grundsätzlich ist es so, dass der AC läuft und dich direkt anbläst. Man kann dann nur noch auswählen, ob man schnell oder langsam einfrieren möchte, indem man zusätzlich noch seinen persönlichen Strahler einstellt.

Die Reise war wunderschön, das Wetter draussen unglaublich toll und man hat richtig Augenkrebs bekommen von den vielen Grüntönen, die einen auf der anderen Seite der Scheibe angelachten. Und ich sass hustend und schniefend im Bus, während ich einfror. In den 4 Wochen, in denen ich nun schon hier bin, war ich das 2 mal krank… Aber wer mich gut kennt, der weiss, dass das kein Wunder ist. Es gibt kaum eine Jahreszeit in der ich nicht krank bin.
Wir sind an unzähligen überfluteten Feldern vorbeigefahren. Haben übertretene und milchig braune Flüsse gesehen, die allerlei Sachen mit sich geführt haben. An manchen Stellen hat ein Stück Boden gefehlt und ich begann zu realisieren, dass es für einige Familie gar kein schönes Osterwochenende werden würde…

Wir standen also nach einer ermüdenden Busreise ausgehungert und an einem Karfreitag in Wellington.

Hier eine kurze Quizfrage. (Auflösung am Ende des Berichts)

Wellington ist…

a.) …die grösste Stadt von Neuseeland.

b.) …die Hauptstadt von Neuseeland.

c.) …nicht die Hauptstadt, das ist nämlich Auckland.

Die Kiwis nennen Wellington auch Windy Wellington und wir sollten kurz nach dem verlassen des Bahnhofs auch erfahren warum…

Wir traten am Nachmittag aus der Halle und es hat gewindet. Ich bin nicht dumm, klar weiss ich was windy bedeutet, nur habe ich unterschätz wie windy es sein würde. Man verlässt nichtsahnend und voller guter Dinge die geschützte, windstille Halle und schon im nächsten Moment peitscht einem der Wind nur so um die Ohren und lässt alles, was nicht niet und Nagelfest ist, davonfliegen oder um sich flattern.

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Aussicht auf Wellington City vom Meer aus

Eine meiner Begleiterinnen hätte es vor lauter Überraschung beinahe weggewindet, aber zum Glück stand ich, der Fels in der Brandung, da. Mit Google Maps bewaffnet und alles festklammernd, was man irgendwie festklammern konnte, kämpften wir und Schritt für Schritt voran nur um festzustellen, das unser Hostel direkt gegenüber vom Bahnhof lag.

Und da folgte auch schon die nächste Herzattacke. Das Gebäude sah aus als hätte es dringend eine Renovierung nötig. Wir blickten die Fassade hoch und die Gesichtszüge entglitten uns. Als wir in die Empfangshalle traten, bestätigte sich unser Verdacht. Es sah schäbig, abgenutzt und einfach nur wuäh aus.

Der Fahrstuhl war komplett mit Teppich ausgestattet, sowohl die Wände als auch der Fussboden. Mit einem unguten Gefühl im Magen öffneten wir die Zimmertür und… Waren positiv überrascht. Der Raum schien neu renoviert zu sein, mit eigenem Bad, genug Stauraum und Fernseher.
Da wir hungrig waren, machten wir uns auf die Suche nach einem offenen Lokal. Wie gesagt, war es Karfreitag und obwohl wir gegenüber vom Bahnhof stationiert waren, bedeutete das nicht, das wir automatisch im Stadtkern waren. Tatsächlich lagen wir etwas ab vom Schuss und irrten eine gute 3/4 h umher, bis wir aus Versehen die erste Attraktion in Wellington antrafen, die Cuba Street.

Bunt, laut und voller Leben. Dort gibt es von Bars, Cafes, Pubs, Restaurants, bis hin zu den schrillsten Shops, uralte Friseursalons, Maoritätowierer, alles, was das Herz begehrt. Die Hausfassaden sind in verschiedenen Stilrichtungen gebaut und meistens farbig angemalt.

Nun ist es in Neuseeland so wie bei uns in der Schweiz. Die Läden müssen an Feiertagen geschlossen bleiben. Das heisst, das am 13. April um Punkt 24:00 Uhr alle Restaurants, Bars, Clubs etc. schliessen und am 15. April am 00:00 Uhr wieder öffnen, was alle Kiwis dazu veranlasst, um diese Zeit in den Ausgang zu gehen und was zu essen…

Nichts desto trotz haben wir einen netten Laden gefunden, der überraschenderweise auf hatte und so schliefen wir mit etwas warmem im Magen ein.

Fortsetzung folgt…

Und die richtige Antworte wäre b.)!

Wer c.) gesagt hat, der liegt nicht falsch, befindet sich aber im falschen Jahrhundert. Für kurze Zeit war Auckland tatsächlich einmal die Hauptstadt Neuseelands, aber das war 1840…

 

One thought on “Windy Wellington

  1. Interessanter Bericht, danke. Ich merke, dass ich von Neuseeland schon ziemlich wenig weiss. Ich warte also gerspannt auf die Fortsetzung. Weiterhin viel Spass. Silvia

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